Gut besucht – von Butzbachern und Kirch-Gönsern – war am Mittwochnachmittag der von Museumsleiter Dr. Dieter Wolf gehaltene, mit Lichtbildern reich illustrierte Vortrag „Kirch-Gönser Geschichte im Überblick“. Der Vortrag „unterfütterte“ die am Abend zuvor eröffnete, vom Geschichtsverein Butzbach initiierte und erarbeitete reichhaltige Sonderausstellung des Museums „Kirch-Göns im Wandel der Zeit“ weiter mit vielfältigem historischem Material. Wolf schilderte einzelne wichtige Stationen in der wechselvollen Geschichte des Hüttenberg-Dorfers.
Nach kurzem Abriss der Vor- und Frühgeschichte ging Wolf ausführlicher auf die 777 erstmals erwähnte Gönser Mark ein, zu der über Jahrhunderte alle Göns-Orte, ursprünglich wohl auch Langgöns, aber auch Dornholzhausen, gehört hatten. Er zeigte die meist in Kopien erhaltenen Urkunden aus dem Lorscher Kodex und der 1015/1017 fassbaren Übertragung von Gütern in Gundissa von Kaiser Heinrich II. und seine Frau Kunigunde zur Gründung des Bistums Bamberg, die später an das Bamberger Kloster auf dem Michaelsberg übergingen und mit anderen Wetterau-Gütern, unter anderem auch in Hausen (Lantfrideshusen), „Rovda (vielleicht Bodenrod?) und Villenberg (einem ausgegangenen Ort bei Bodenrod), über Jahrhunderte vom Kloster Michaelsberg oder ihrer Vögten verwaltet wurden.
Wolf stellte weiter die urkundliche Ersterwähnung von Kirch-Göns, einer päpstlichen Besitzbestätigung für das Kloster Schiffenberg aus der Zeit um 1045/1053 vor, die „Kirchunnesse“ nennt den „Göns-Ort mit der Kirche“ und über Jahrhunderte offenbar kirchlichen Mittelpunkt der Gönser Mark.
Weiter wurde auf die komplizierte Ortsgrundriss-Entwicklung des alten Dorfes eingegangen. Vielleicht wurden im innersten Kern des alten recht wohlhabenden Bauerndorfes stehende Häuser und Hofreiten nach dem Großbrand vom 12. November 1626, der fast die Hälfte des Dorfes in Schutt und Asche legte, nicht mehr an der gleichen Stelle wiederaufgebaut, sondern etwa in der Pfeifergasse oder der Taubgasse und entlang der ursprünglich den Ort nur am Ostrand streifenden Hauptstraße.
Ein anderer verheerender Dorfbrand entstand am 15. Juli 1815 und zerstörte vollständig 51 Häuser, Scheunen und Stallungen und teilweise weitere 18 Gebäude, der die Betroffenen oftmals verzweifeln ließ, da sie am Rande des Existenzminimums standen. 1815 wurden allerdings schon Entschädigungen gezahlt, da mittlerweile eine Brandversicherung existierte.
Der Referent gab ergänzend zur Ausstellung viele weitere mit historischen Bildern reichhaltig unterlegte Hinweise auf die historische Landschaft Hüttenberg, die landschaftlichen Eigenarten (Hüttenberger Hohe Tore, Tracht), auf die Ortstopografie mit der im Kern romanischen Kirche, dem Kirchhof, Backhaus und den vielen Höfen im Dorf, die etwa durch die Fotografien des ersten hessischen Denkmalpflegers Dr. Heinrich Walbe besonders früh (meist 1904 bis 1906 entstanden) belegt sind. Mit Ansichtskarten wurde die weitere Entwicklung in der Neuzeit angedeutet und die großen Stationen im 19. und 20. Jahrhundert angetippt.
Auf Wunsch der Zuhörer wurde dann auch noch eine Fotoserie zum bäuerlichen Alltagsleben im Dorf gezeigt. Das interessierte Publikum dankte dem Referenten mit starkem Applaus und anschließender ausgiebiger Ausstellungsbesichtigung. Die historische Ausstellung ist noch bis zum 9. Juni zu sehen. Am Sonntag, 18. Mai, zum Internationalen Museumstag ist das Museum von 10.00 bist 17.00 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.
Quelle und Bild: Butzbacher Zeitung vom 16. Mai 2014
