Kirch-Gönser Spielleute auf großer Fahrt
Es war um 6 Uhr morgens am Samstag, 16. Juli, als sich der Bus mit dem durch viele Auftritte weithin bekannten Spielmanns- und Fanfarenzug der Freiwilligen Feuerwehr Kirch-Göns zu einer viertätigen Fahrt nach Deutschland in Bewegung setzte. Das erste Ziel für zwei Tage war Rosche, ein kleines Dorf in der Lüneburger Heide. Man wollte dort die im vorigen Jahr anlässlich des Musikfestes in Kirch-Göns geschlossene Freundschaft mit dem Roscher Spielmannszug auffrischen und noch weiter vertiefen. Wir fuhren zunächst auf der Autobahn Kassel – Hannover, verließen diese jedoch kurz hinter Göttingen, wo wir eine kurze Rast eingelegt hatten, um dann über Braunschweig und Salzgitter nach Wolfsburg zu gelangen. Pünktlich um 12 Uhr trafen wir dort ein und nahmen das Mittagessen zu uns. Bevor die Fahrt weiter in Richtung Zonengrenze ging, hatten wir noch Gelegenheit, uns ein Bild von der gigantischen Größe des Volkswagenwerkes zu machen. Nach einer weiteren Stunde Fahrt hatten wir Zicherei, ein von der Demarkationslinie geteilte Dorf, erreicht. Ein Beamter des Zolls gab uns – leider bei strömenden Regen – einige Erklärungen zum dortigen Verlauf der Schandgrenze. Hier konnten wir uns an Ort und Stelle die unglückselige Teilung unseres Vaterlandes vor Augen führen. Diese tritt hier besonders krass hervor, da man eine kulturell und verwandtschaftlich eng verbundene Gemeinde durch Minenfelder und Stacheldraht gewaltsam getrennt hat. Während unseres kurzen Aufenthaltes wurden wir von Volkspolizisten hinter Sehschlitzen beobachtet. Nachdem wir noch eine Weile entlang der Zonengrenze und durch viele schmucke Backsteindörfer der Lüneburger Heide gefahren waren, zogen wir mit klingendem Spiel in unserem vorläufigen Ziel – Rosche – ein. Nach der Begrüßung und der Quartierverteilung traten wir am Abend mehrmals im Rahmen des Kommerses anlässlich des Kreisfeuerwehrfests des Kreises Uelzen auf. Der Samstagabend fand in einem Fackelzug und dem Großen Zapfenstreich auf dem Dorfplatz sein Ende. Der Sonntag war für die Kirch-Gönser Spielleute ein harter Tag. Bereits am frühen Morgen traten wir mehrmals bei den Wettkämpfen der zahlreichen Feuerwehren auf. Später standen ein großes Platzkonzert mit dem Roscher Spielmannszug und der Festkappelle zusammen, sowie ein Festzug auf dem Programm. Ein großer Feuerwehrball beschloss den zweiten Tag unseres Aufenthaltes in Rosche. Leider hieß es am Montagmorgen schon wieder Abschied nehmen. Dies fiel uns sehr schwer, angesichts der großen Gastfreundschaft unserer niedersächsischen Freunde. Nach einem Abschiedsmarsch und einem herzlichen „Dankeschön“ von Stabführer Willi Friedrich an die Kameraden aus Rosche, dem sich eine Einladung zu einem Gegenbesuch in Kirch-Göns im nächsten Jahr anschloss, ging die Fahrt weiter nach Hamburg. Dort unternahmen wir zunächst eine große Hafenrundfahrt, die uns Landratten die Ausmaße dieses Welthafens einmal zeigen sollte. Danach machten wir noch einen Abstecher entlang der Elbchaussee nach Blankenese und Schulau, um die bekannte Schiffsbegrüßungsanlage zu besuchen. Durch Hissen der Flagge und Abspielen der jeweiligen Nationalhymne wird jedes Schiff, das den Hamburger Hafen anläuft, begrüßt oder verabschiedet. Am Abend trafen wir uns gemeinsam nach einem Reeperbahnbummel in dem bekannten Stimmungslokal „Zillertal“, wo uns zu unserem Erstaunen bereits einige Freunde aus Rosche erwarteten. Bei echt bayrischem urwüchsigem Humor konnte sich hier jeder nach Herzenslust amüsieren, bei Tanz und einem – oder auch mehreren – Humpen. Nach kurzer Nachtruhe hatte jeder den Dienstagmorgen zur freien Vergnügung. Als man sich die unvermeidlichen Souvenirs beschafft hatte, traten wir um 13.30 Uhr die Heimfahrt an. Nach einer gut organisierten und sehr harmonisch verlaufenden Fahrt trafen wir gegen 21 Uhr wieder wohlbehalten in Kirch-Göns ein, todmüde, aber um ein weiteres unvergessliches Erlebnis reicher.
Der Bericht wurde von Willi Kraefft geschrieben
Butzbacher Zeitung vom 30.07.1966
Bild: Archiv Spielmanns- und Fanfarenzug Kirch-Göns
