NEUBAU – Brandschützer kritisieren „Vertrösten“ beim Thema Neubau auf dem Kirchengrundstück
„Alle 26 Mitglieder der Einsatzabteilung der Feuerwehr Kirch-Göns lassen ihren Dienst ruhen.“ Das sagte Wehrführer Jörg Winter gestern, nachdem 15 Aktive nach der Sitzung des Butzbacher Haupt- und Finanzausschusses am Dienstagabend ihre Meldeempfänger an Bürgermeister Michael Merle zurückgaben.
Dieser überreichte die Geräte umgehend Stadtbrandinspektor Michael Tiedemann, der gestern den Brandschutz für die Stadt neu sortierte und dies schon mit dem Wetteraukreis abstimmte. Der Brandschutz ist laut Tiedemann gewährleistet, auch wenn der Ausfall der Kirch-Gönser Einsatzabteilung nicht vollständig kompensiert werden könne.
In der Ausschusssitzung war über das weitere Vorgehen zur Errichtung eines neuen Feuerwehrgerätehauses auf einem Grundstück der evangelischen Kirche im Butzbacher Stadtteil beraten worden. Die Beschlussvorlage hatte es schon deutlich gemacht: Rechtliche Prüfungen stehen noch aus, sofern die Politik das Projekt weiterverfolgen will (die BZ berichtete). CDU-Fraktionsvorsitzender Stefan Euler hatte im Verlauf der Sitzung schon gesagt, dass die Empfänger in den nächsten Tagen abgegeben würden, sollte die Politik „nicht zu Potte“ kommen. Dies sei aber „keine Erpressung“.
Nach einem Ölunfall in den 70er Jahren ist das Gelände nicht altlastenfrei, was eine Voraussetzung für den Ankauf durch die Stadt wäre. Das beschlossen die Parlamentarier Ende 2015. Dennoch wurde auf SPD-Anregung in den Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses mit aufgenommen, dass die Stadt mit dem Eigentümer über einen Erb-pacht- oder auch Kaufvertrag verhandeln soll. Grüne und UWG stimmten dagegen. Alternativ-Standorte suchen wollten die CDU-Vertreter nicht.
Mehrheitlich abgelehnt wurde zuvor der UWG-Antrag, am Sportplatz das neue Kirch-Gönser Gerätehaus zu bauen. Dies könnte aber noch langwieriger werden, da ein entsprechendes Bauleitverfahren begonnen werden müsste. Außerdem wird die Landesförderung von 154 000 Euro für den aktuell geplanten Neubau laut mehrerer Stimmen nicht einfach auf ein anderes Vorhaben zu übertragen sein.
„Wir kriegen die Altlasten nicht weg, aber laut Regierungspräsidium ist das Grundstück grundsätzlich bebaubar“, fasste Bürgermeister Michael Merle in der Sitzung zusammen. Belastetes Erdreich müsse im Baufeld abgetragen werden. Die Kosten entstünden der Stadt, von 40 000 bis 50 000 Euro ist die Rede. Da das Erdreich unterhalb der Grenzwerte die festgestellten Stoffe enthalte, entstünden keine weiteren Nachteile. Diese Ergebnisse entstammen einer Rasteruntersuchung der Fläche, für die sich Merle eingesetzt habe, wie er gestern sagte. Er unterstrich in der Ausschusssitzung, dass wegen der Altlasten im Boden dennoch ein Risiko bei der Stadt bleibe, auch wenn mit der Kirche eine Haftungsfreistellung vereinbart werden könnte. Er warnte davor, das Risiko zu „profanisieren“. Es sei die Aufgabe des Magistrats, Schaden von der Stadt abzuwenden. Juristisch soll nun auch geprüft werden, inwieweit Bürgermeister und Erster Stadtrat Manfred Schütz ein Risiko eingehen, sollten sie einen Vertrag über das Grundstück unterzeichnen und haftbar sein. Die Formulierung, eine Verunreinigung des Grundwassers sei „nicht wahrscheinlich“ in der Gutachten-Bewertung des Regierungspräsidiums werfe die Frage auf, was trotzdem noch nachkommen könnte, so Merle gestern.
Vertragsentwürfe mit der Kirche lägen vor. Es müsse eine verantwortbare Entscheidung getroffen werden. Stadtbrandinspektor Tiedemann hat Verständnis dafür, dass zunächst rechtliche Fragen geklärt werden müssten. Überhaupt sei in dem Thema, wenn auch langwierig, die „Detailtiefe“, mit der es bearbeitet werde, richtig. Klar sei aber auch, dass das derzeitige Feuerwehrhaus modernen Anforderungen nicht gerecht werde. 1990 sei er im Alter von zehn Jahren dort in die Feuerwehr eingetreten und Gefahren für die Aktiven hätten bereits bestanden.
Wehrführer Winter sagte gestern, die Feuerwehrleute hätten keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als den Dienst einzustellen, sie wollten sich nicht länger vertrösten lassen und forderten, dass das Parlament „Nägel mit Köpfen“ macht. Dass der Stadt ein Schaden entstehe, sehe er auf Basis der vorliegenden Daten nicht. Die Wehr wolle von der Stadtverordnetenversammlung eine Absichtserklärung, dass das Projekt nun „über die Bühne geht“.
Der Bürgermeister kritisierte die Entscheidung der Kirch-Gönser Feuerwehrleute. Sie hätten eine Verantwortung, derer sie sich nicht einfach entledigen könnten mit einer solchen „inszenierten Unmutsbezeugung“. Dies habe zugleich eine „verheerende Außenwirkung“. Die Stadtverordnetenversammlung beschäftigt sich heute Abend ab 20.00 Uhr im großen Saal des Bürgerhauses Butzbach mit dem Thema. Winter hat angekündigt, ebenfalls dabei zu sein.
Quelle: Butzbacher Zeitung vom 24. Mai 2018