Vom Kaiser-Wilhelm-Denkmal über das Geiseltal bis zur Wartburg
Drei Tage unterwegs auf großer Fahrt war der Gesangverein 1862 Kirch-Göns in den neuen Bundeländern. Ziel der ersten Etappe war das Kyffhäusergebirge bei Bad Frankenhausen. Über Eisenach und Bad Langensalza gelangte die Reisegruppe nach Sonderhause, um von dort aus das „Kaiser-Wilhelm-Denkmal“ anzusteuern. Dieses weithin sichtbare Monumentalwerk wurde in den Jahren 1891 bis 1896 nach den Plänen des Architekten Bruno Schmitz erbaut. Da gutes Wetter und freie Sicht herrschten, genossen die Kirch-Gönser Sängerinnen und Sänger den Blick auf das fruchtbare Unstruttal, auch „Goldene Au“ genannt, und die Hügelzüge ringsum. Nächstes Ziel war das Panoramabild von Prof. Werner Tübke nahe der Stadt Frankenhausen. Das in einem Rundbau in 13 Jahren geschaffene 1300 Quadratmeter große Bild erinnert an die letzte Schlacht und den Untergang der aufständischen Bauern unter der Führung von Thomas Münzer, die im Mai 1525 unweit Frankenhausen von fürstlichen Soldaten niedergemetzelt wurden. Das größte Bild der Welt zeigt nahezu 3000 Figuren aus jener Epoche. Sachkundiger Erläuterer der Tübkeschen Darstellungen war Pfarrer i. R. Gottfried Braasch, der Bruder des Kirch-Gönser Vereinsvorsitzenden Peter Braasch, und profunder Kenner der Geschichte des Bauernkrieges und Thomas Münzers. Übernachtet wurde in Wolmirstedt. An das ritterliche Abendessen schloss sich ein Diavortrag mit Weinverkostung an. Ein pensionierter Schulmeister stellte Land und Leute des Unstruttals vor. Es gab auch Erläuterungen zum nördlichsten-deutschen Weinbaugebiet, dem Saale-Unstrut-Triasland. Dort wird seit über 1000 Jahren Wein angebaut, im 15. und 16. Jahrhundert sogar auf über 6000 Hektar. Heute seien es rund 600 Hektar Rebenhügel, auf denen vor allem ein guter trockener Weißwein gedeiht. Nächstes Reiseziel war die Rotkäppchen-Kelterei in der Sektstadt Freyburg im Unstruttal. Dort erfuhr man viel über die Herstellung des berühmtesten Getränkes Mitteldeutschlands „Rotkäppchen“, inzwischen die größte deutsche Sektmarke verdankte seinen Namen nicht den Märchen der Gebrüder Grimm, sondern der markanten roten Kappe auf dem Flaschenhals. In einem Alten Weinkeller wurde der köstliche Sekt zusammen mit einigen urwüchsigen Trinksprüchen kredenzt und verkostet. Weiter ging es in das nahegelegene Mücheln im Geiseltal. Die einstmals 16 000 Einwohner zählende Industriestadt schrumpfte binnen weniger Jahre auf unter 7000 Menschen. Dies lag am Braunkohleabbau der DDR, die in den sechziger und siebziger Jahren mehr als 10 000 Menschen umsiedelte und zahlreiche Häuser dem Erdboden gleich machte, darunter auch das Elternhaus des 1. Vorsitzenden. Wehmütig blickte Peter Braasch auf ein breites, fast 100 Meter tiefes Erdloch. Dieser riesige Trichter wir seit vorigem Jahre mit Wasser aus der Saale geflutet. In absehbarer zeit soll hier ein rund 1900 Hektar großer Freizeitsee entstehen. Das Geiseltal selbst erstreckt sich auf 15 Kilometer Länge von Mücheln bis Merseburg. Es ist die einzige Braunkohlestätte Mitteldeutschlands, von der eine Vielzahl bedeutender Fossilienfunde überliefert ist. Als bedeutendster Fund gilt das vollständig erhaltene Skelett eines Equiden (Vorläufer des Pferdes), das im Geiseltalmuseum von Halle/Salle zu sehen ist. Das Geiseltal hat die gleiche erdgeschichtliche Bedeutung wie die Ölschiefergrube Messel bei Darmstadt. Das ganze Gebiet war während der Braunkohleabbauzeit eine der schmutzigsten Gegenden Mitteldeutschlands und ganz Europa. Diese Umweltkatastrophe endete erst, als die Wende kam. Wie die Reisenden erfuhren, war das Geiseltal im 2. Weltkrieg die am stärksten bombardierte ländliche Gegend in Deutschland. Ganze Ortschaften wurden ausgelöscht. Am Quellort der Geisel im Stadtteil St. Michael nahmen die Kirch-Gönser das Mittagsmahl ein. Sie fuhren nach Miehe. Dort steht die weltgrößtes Modellbahnanlage mit insgesamt 27 Km Gleislänge auf 1200 Quadratmeter Fläche mit Miniaturlandschaften, Siedlungen, Tunnels, Brücken und Bahnhöfen. Den letzten Abend der Reise verbrachte man im Hotel. Nach dem Abendessen ging es zum Kegeln. Hier ließ es sich die mit 91 Jahren älteste Mitreisende nicht nehmen, eigenhändig die Kugel zu schieben. Am anderen Morgen ging es wieder Richtung Kirch-Göns. Einen kurzen Zwischenstopp in Wiehe, der Geburtsstadt Heinrich Rankes, nahmen die Sängerinnen und Sänger zum Anlass, dem Ranke-Museum einen Besuch abzustatten. Von Ramke stammten die Advents- und Weihnachtslieder „Tochter Zion“ und „Herbei, oh ihr Gläubigen“, die auch der Kirch-Gönser Chor im Repertoire hat. Auch in Wiehe war es Pfarrer i. R. Gottfried Braasch, der Vorsitzende des Rankevereins Wiehe, der den Gästen aus der Historie der Rankefamilie erzählte. Bald ging es weiter, denn auf die Ausflügler wartete noch die Besichtigung der Wartburg. Nicht ganz zufällig wurden sie in Eisenach von einem weiteren Sproß der Braasch-Familie begrüßt. Diesmal erwies sich eine junge Dame als kompetente Erzählerin bei dem Gang durch die sagenhafte und geschichtsträchtige Burg. Danach näherte sich die Fahrt ihrem Ende. Der 2. Vereinsvorsitzende Rudi Weber dankte Gerd Dern für den sicheren Transport und dem 1. Vorsitzenden für die mustergültige Planung, vorbildliche Organisation und erbauende Leitung der Fahrt. Gemütlicher Ausklang war dann noch in der Kirch-Gönser Gaststätte „Junkersberg“.

Einen Mehrtagesausflug in den neuen Bundesländern unternahmen die Aktiven des Gesangverein Kirch-Göns.
Quelle und Bild: Butzbacher Zeitung vom 5. November 2004