24. Backhausfest in Kirch-Göns war wieder ein Publikumsmagnet

Einmal mehr eine Werbung für dörfliches Brauchtum, für Tanz und Gesang, für die mittelhessiche Sprache und Kultur sowie das Lebensgefühl einer ganzen Region war das 24. Backhausfest. Es wurde am Sonntagnachmittag vom Kirch-Gönser Heimat- und Backhausverein, der keine Kosten und Mühen gescheut hatte, sein treues Publikum mit einem Bühnenprogramm von 14 bis 19 Uhr zu unterhalten. Gefeiert wurde unter der jahrhundertealte mächtigen Dorflinde in der Kirchgasse zwischen dem historischen Backhaus und dem Bürgerhaus, und wiederum kam aus Kirch-Göns, Pohl-Göns und den umliegenden Gemeinden zahlreiche Besucher jeden Alters, um sich das spätsommerliche Ereignis nicht entgehen zu lassen. Auch Bürgermeister Michael Merle ließ sich am Vormittag sehen, trotz eines dich gedrängten Terminkalenders. Seinen Anfang nahm das Backhausfest um 11 Uhr mit einem feierlichen Gottedienst. Für William Thum, den Evangelischen Ortspfarrer von Kirch-Göns und Pohl-Göns, war Prädikantin Renate Euler (Hoch-Weisel) eingesprungen, um das geistliche Wort aus der Bibel der Gemeinde zu verkünden. Sie erhielt liturgische Unterstützung durch drei Kirch-Gönser Trachtenfrauen: Leni Braasch, Sabine Ilge und Gisela Eckhard. Nach der zweistündigen Mittagspause, kurz nach 14 Uhr, als die ersten bereits ihren „Kaffeedurst“ stillten und den beliebten Kirch-Gönser Hefekuchen aus dem Bachkaus vertilgten (80 Bleche voll mit Zwetschen, Butterlochs- und Riwwelkuchen hatten fleißige Helfer am Samstag auf heißen Schamottesteinen gebacken), unterhielt der Vereinsnachwuchs auf der Tanzboden-Bühne mitten auf der Hauptstraße mit zahlreichen Darbietungen. Simone Reinl, die Leiterin und frisch gebackene Mutter, kündigte die Tänze an und erzählte ein wenig von der Kinder- und Jugendgruppe. Beispielsweise erwähnte sie, dass man diesmal nicht ganz komplett sei. Denn ihre Vertreterin Monika Maiwald sei mit einigen Mitgliedern der Jugendgruppe zum Landeskindertrachtentreffen nach Langenselbold, der Hessentagsstadt 2009, gereist, um dort aufzutreten und im Festzug mitzumarschieren. Da sei die gerne eingesprungen als Moderatorin und auch als Mittänzerin in der Gruppe, etwa beim temperamentvollen „Cotton Eye Joe“. Der flotte Tanz erfreute nicht nur Vereinschef Günter Weber, der mit Fug und Recht „stolz“ war auf die jungen Mädchen in der für diese Alterstufe grün bebänderten Tracht des Hüttenberger Landes. Unter der Dorflinde versammelt hatte sich das Duo „Spätzünder“ aus Atzbach. Annemarie und Mechthild stellte sich als temperamentvolle Weibsbilder vor, die („Mier soi halt suh, wäi mer soi“) zwar nicht mehr 20 Jahre jung aber immer noch voller Power waren und vom Leben auf dem Land sangen, etwa vom „Hinkel Gerda“, dem schönsten Federvieh aus dem Hinkestall, das dem stolzen Hahn Heinrich große Augen machte und bös den Kopf verdrehte. Da konnte Heinrich in seiner Nut nur noch rufen „Rou ess!“Ein Lied der beiden wurden den „Männern Mannleur, Kerlebosch“ gewidmet. Erzählt wurde außerdem die Geschichte vom 80-jährigen „Ommache“, das nach Gießen mit dem Bus fährt, um über den Seltersweg zu stronzen. Im Dachcafé einzukehren und sich im Buns an ihren Fressalien zu stärken. Das der Tag manchal nicht genug Stunden hat, kam im GEdicht „Zeit für mich“ zum Ausdruck. Günter Weber lobte das Duo „Spätzünder“ (dass seine CDs mitgebracht und den Ebergsgönser Mundartpoeten Friedhelm Siering im Publikum entdeckt hatten) als „echte Newcomer“. Er wünschte den beiden Sängerinnen auch weiterin viel Erfolg in Kirch-Göns seien sie immer herzlich willkommen. Aus Kröffelbach, einem Ortsteil von Waldsolms südlich Lahn-Dill-Kreis, war die Volkstanzgruppe gekommen, um Trachtentänze vorzustellen. Die „Kröffelbacher“ Tracht, lange nicht so prächtig und stattlich wir ihr Hüttenberger Gegenstück aus reichen Bauersfamilien und in der Länge ein Gegenstück zwischen den relativ kurzen Tracht der Dörfer und der langen städtischen Kleidung aus den Städten Wetzlar und Gießen, war dennoch schön anzusehen und sehr schmuck. Gezeigt wurden Tänze im Ablauf des ländlichen Jahres, das sich früher ganz an den christlichen Feiertagen, an Hochzeiten und Taufen, am bäuerlichen Jahr und an der Kirmes im Herbst orientierte. „Ich gäwwe Dir en Batsch“ sangen und tanzten die Kröffelbacher Paare und verabschiedeten sich wie eiland die Hebamme nach der glücklichen Niederkunft von der Wöchnerin „Bis wirrer muhl, säid die Kennfraa!“. Wer die Kröffelbacher Tänzer noch einmal erleben will, hat dazu nächsten Sonntag in Griedelbach Gelegenheit anlässlich des 750-jährigen Dorfjubiläums. Oberhalb des Backhauses, dort wor die Kirchgasse sich längst verjüngt hat, stand linkerhand die Hofreite von Alma Hanack sperrangelweit offen. Die mächtigen Hoftore von „Mechels“ (so der Hausname waren zurückgeklappt und gaben den Blick frei auf eine kleine Ausstellung. Frisch gewaschene Wäsche hing auf der Leine zum Trocknen, Tischwäsche, Bettwäsche, Leibwäsche, Übertücher, Handtücher, Hemden, Hosen und die berühmten „Unaussprechlichen“ wurden von den hölzernen Wäscheklammern gehalten. Trocken an der frischen Luft wurde gezeigt aus jenen Zeiten, in denen nicht in jedem Haushalt eine Waschmaschine, sondern andernfalls eine Zinkwanne mit Waschbrett und Kernseife stand. Und wie die ersten „Trumms“ von Waschmaschinen aussahen, wurde auch präsentiert. Dann musste Moderator Günter Weber einen kleinen Wermutstropfen vergießen. Wegen der Erkrankung von Akteuren hatte die „Egerländer Gmoi z. Gießen“ kurzfristig eine Absage geschickt. So war der Weg freu für die Tanz- und Mundartgruppe „Die Hoinker“ aus Werdorf bei Aßlar. Die Hoingker, so genannt, weil Werdorf von vielen Zwetschenbäumen umgeben ist, die bekanntlich den gesunden und aromatischen Brotaufstrich „Hoingk“ liefern. Die „Hoingker“ stellten ihre blau-grauen „Hoinkdeppe“ vor der Bühne ab und bekannten „Mier komme vo de Dill und soi gern bei Ach“, um sich dann bei Live-Musik vom Akkordeon bei den nachfolgenden Tänzen zu drehen, etwa bei „Siehste net do kimmt er“ und beim „Sternentanz“. Man liebe im Verein die Mundart, das Theater und auch den albernen Blödsinn, erzählte Friedel Rinker, der sich um die Gruppe kümmert, die Tänze einstudiert und alles zusammenhält. Und vor dem „Hessentanz“ wurde das lustige Gedicht „Des Pfarrers Katze“ aufgesagt, das mit den viel sagenden Worten beginnt: „Der Pfarrer hielt die schönste Predigt, gar manche schliefen trotzdem ein …“. Den Abschluss des 24. Backhausfestes, das wieder einmal vom Wetter verwöhnt wurde, bildete ein zweistündiger Auftritt der Kirch-Gönser Musikanten. Es spielte auch der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr, der Fanfarenzug und der Musikzug.

Ein Besuchermagnet war am Sonntag wieder das Backhausfest in Kirch-Göns. Viel Applaus ernteten bei den zahlreichen Zuschauern (o. r.) die vielfältigen Darbietungen, wie z. B. der Tanz der Kindertanzgruppe des Heimat- und Backhausvereins Kirch-Göns (o. l.), das Gesangsduo „Spätzünder“ (u. l.) und der Spielmannszug Kirch-Göns (u. r.).

Quelle und Bilder: Butzbacher Zeitung vom 2. September 2008